HealthApps: Online-Portale weltweit zur Orientierung für Verbraucher, Patienten & Ärzteschaft
In Deutschland sind es vor allem die jüngsten (15- bis 19-Jährige) und die ältesten Internetnutzer (60 Jahre und älter), die ihre Gesundheit und Fitness derzeit aktiv mit Apps und Trackern überwachen (31 bzw. 30 Prozent der Befragten) (1). Und es wären sehr wahrscheinlich noch viel mehr, gäbe es da nicht zwei entscheidende Hürden:
- Das weltweite Angebot in den App-Stores ist riesig und intransparent (2)
- Verbraucher und Ärzte haben es gleichermaßen schwer, die Qualität der Apps einzuschätzen. Sie wünschen sich Orientierung, um zu erkennen, ob eine Gesundheits-App richtig informiert, ob sie Daten korrekt berechnet oder auswertet und die persönlichen Gesundheitsdaten ihrer Nutzer vor dem Zugriff Unbefugter schützt (3,4).
In den letzten Jahren wurden sowohl in den USA als auch in Europa verschiedene Hilfestellungen entwickelt, um sowohl Verbraucher als auch Health Care Professionals (HCP) über die Qualität von Gesundheits-Apps zu informieren und ihnen die Auffindbarkeit "guter" Gesundheits-Apps zu erleichtern.
App-Portale für Verbraucher und Patienten: Eine große Herausforderung
Was kann man aus den Erfahrungen folgender Projekte lernen, die mittlerweile eingestellt sind bzw. nicht mehr gepflegt werden?
- Happtique (USA). Verschreibungsplattform für Gesundheits-App. Die Apps wurden auf Basis eines sehr umfassenden Kriterienkatalogs getestet und empfohlen. Der Prüfprozess war extrem zeitaufwändig,trotzdem zeigten sich bei den empfohlenen Apps eklatante Sicherheitsmängel, was das Vertrauen in die Plattform stark beschädigt hat. Der Betrieb der Plattform wurde eingestellt.
- National Health Service (NHS) Health Apps Library (Großbritannien). Auch bei der Seite des öffentlichen Gesundheitsdienstes mit App-Empfehlungen für Verbraucher gab es Probleme, weil vom NHS empfohlene Apps Daten unbefugt an Dritte weitergeleitet haben. Der Service wurd ausgesetzt. Neue Pläne des NHS sehen vor, dass in 2017 neben Neuerungen in Form eines Online-Symptom-Checkers zur Ersteinschätzung (Triage) von Krankheitssymptomen auch wieder Empfehlungen von Gesundheits-Apps über die Website des NHS verfügbar sein sollen.
- "MyHealth Apps (UK)" (Link inaktiviert aufgrund von nicht Erreichbarkeit, geprüft 17.10.2022). Die Datenbank nimmt nach eigenen Angaben Gesundheits-Apps auf, die von Selbsthilfeorganisationen empfohlen werden. Auf der Seite finden sich nach 2013 keine neuen App-Einträge, was darauf schließen lässt, dass diese Plattform nicht mehr aktiv gepflegt wird.
- App-Check ZTG. Insgesamt bietet diese Plattform Bewertungen von 8 Diabetes-Apps. Der letzte App-Eintrag stammt aus dem Jahr 2013, der aktuellste Blogbeitrag von März 2015.
Apps auf Rezept: Verschreibungsplattformen für Ärzte
- Quintiles/IMS Health AppScript (USA): Ärzte, die ihren Patienten Apps und Online-Coachings "verschreiben" wollen, können sich auf dieser Plattform orientieren. Nach welchen Kriterien die Empfehlungen ausgesprochen werden, ist nicht erkennbar. Wollen Patienten diesen Service nutzen, müssen sie sich anmelden, sie erhalten dann von IMS Health die App-Empfehlungen, die der betreuende Arzt für angeraten hält.
- iMedicalApps (USA). Anfänglich wurden hier Apps von Ärzten geprüft und empfohlen. Die letzten Einträge in den Rubriken "Top Apps" und "Apps des Monats". stammen aus 2015. Der Service wird offensichtlich überführt in ein neues Angebot für Ärzte, iprescribe Apps, eine Plattform des gleichen Anbieters, derzeit verfügbar als Beta Version.
- dmd Santé (Frankreich). Die Seite will zukünftig Zugang geben zu Gesundheits-Apps mit dem "mhealth quality label". Die Seite ist als Beta-Version derzeit im Aufbau.
Durchblick im App-Dschungel für deutschsprachige Verbraucher, Therapeuten und die Gesundheitswirtschaft
- HealthOn. Über eine Million Mal haben Nutzer auf der Suche nach einer guten Gesundheits-App die Testbericht-Seite der Plattform HealthOn bisher aufgerufen. Jeder, der über 500 Testberichte deutschsprachiger Apps weist sowohl Testdatum als auch App-Version aus. Durch die strukturierte Gliederung der Testberichte lasssen sich Apps miteinander vergleichen. Die Testkriterien orientieren sich an akzeptierten Standards (5,6), Jeder Verbraucher, Patient sowie App-Entwickler können über ein Online-Formular eine Gesundheits-Apps testen und Feedback geben zu den Testkriterien.
Neben der Testdatenbank bietet die Plattform auch eine Online-Checliste, mit der Nutzer das Risiko einer Gesundheits-App einschätzen können.
Mit vier Filtern lässt sich die Suche – anders als in den großen App-Stores – eingrenzen:- Wofür wird die App gebraucht, d. h. welches Problem bzw. welche Fragestellung soll sie unterstützen (Diabetes, Schmerz, Frauengesundheit, Impfen etc.)?
- Was soll die App können? Messwerte, Schritte, Befindlichkeit etc. in ein digitales Tagebuch überführen und auswerten, Gesundheitsdaten mit dem Arzt teilen, Wissen vermitteln, an Medikamente erinnern etc. ?
- Von welchem Anbieter soll die App stammen, z. B. von einer Krankenkasse, einer Selbsthilfeorganisation oder einem Pharmaunternehmen?
- Wie umfassend soll der Anbieter der App über Qualität und Transparenz der gesundheitsbezogenen Informationen aufklären? Nutzer können sich auf Healthon z. B. gezielt Apps mit Datenschutzerklärung anzeigen lassen oder Apps, die den Autor nennen, der für die fachliche Richtigkeit der gesundheitsbezogenen Inhalte verantwortlich ist. Auch Apps, die über ein Impressum verfügen, lassen sich einfach filtern. Das ist aus Sicht des Verbraucherschutzes besonders relevant, weil sich Datenschutzverletzungen oder Haftungsansprüche nur dann verfolgen lassen, wenn Klarheit über den rechtlich verantwortlichen Anbieter der App herrscht.
Fazit: Es gibt weltweit derzeit wenige Portale, die Verbraucher bei der Suche nach hilfreichen Gesundheits-Apps unterstützen. Über die Anzahl der getesteten Gesundheits-Apps und die verwendeten Testkirterien klärt derzeit lediglich die Plattform Healthon auf. Sie macht die App-Tests über eine systematisch durchsuchbare Datenbank einfach auffindbar.
Was erwarten Verbraucher von einer Plattform für Health-Apps? Die Ergebnisse der Online-Studie Quo Vakis Health-Apps zeigen, dass Unabhängigkeit wichtig ist und Verbraucher öffentliche Institutionen in der Pfllicht sehen, wenn es um die Finanzierung einer unabhängigen Plattform für Gesundheits-Apps geht.
HealthOn wird derzeit privatwirtschaftlich finanziert. Um den Service auch weiterhin unabhängig anbieten zu können, sucht HealthOn Kooperationspartner, die daran interessiert sind, Verbrauchern, Versicherten sowie der Ärzteschaft den Zugang zu qualitätsgesicherten, evidenzbasierten Gesundheits-Apps zu erleichtern.
Quellen:
- (1) GfK Umfrage. Jeder vierte deutsche Internetnutzer setzt auf Gesundheits-Apps oder Fitness-Tracker 29.09.2016. http://www.gfk.com/de/insights/press-release/jeder-vierte-deutsche-internetnutzer-setzt-auf-gesundheits-apps-oder-fitness-tracker/
- (2) Health-App Dashboard Oktober 2016.
- (3) Kramer U, Beyer S, Scherenberg V (2014). GAPP Online-Befragung: Gesundheits-Apps zur Aufklärung, Prävention und Patientenführung. Derzeitige Nutzung, wahrgenommene Chancen, Risiken sowie Einschätzung von Maßnahmen zum Abbau potentieller Hürden. EU Consultation on Mobile Health. https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/summary-report-public-consultation-green-paper-mobile-health
- (4) Kramer U, Zehner F. Diabetesmanagement mit Apps (DiMAPP). Chancen, Risiken, derzeitige & zukünftige Nutzung, Einstellungen, Erfahrungen und Erwartungen von Betroffenen. Online-Befragung von Diabetikern. Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11 - P118
- (5) Health on the Net Foundation. The HON Code of Conduct for medical and health Webs sites. (Link inaktiviert aufgrund von nicht Erreichbarkeit, geprüft 17.10.2022)
- (6) Deutsches Netzwerk Evidenzbasierter Medizin e. V. Gute Praxis Gesundheitsinformation. In: Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung, Qualität im Gesundheitswesen, 2009 (104) S. 66-68.